Vorstandswechsel bei der energie-BKK: Eine Erhöhung unseres Zusatzbeitragssatzes können wir für das Jahr 2024 erfreulicherweise ausschließen ©stock.adobe.com ValentinValkov
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Vorstandswechsel bei der energie-BKK: Eine Erhöhung unseres Zusatzbeitragssatzes können wir für das Jahr 2024 erfreulicherweise ausschließen

Wechsel auf dem Chefposten: Am 30. Juni 2024 verabschiedet sich nach zehnjähriger Vorstandstätigkeit Frank Heine in den Ruhestand. Er ist seit 1996, dem Gründungsjahr der energie-BKK, in der Kasse tätig und hat natürlich viel erlebt. Torsten Dette, der bisher Vertreter des Vorstandes war, wird dann übernehmen und die Krankenkasse leiten. Wir haben mit beiden im Interview zur Übergabe und Ausrichtung der energie-BKK gesprochen und dabei auch die aktuelle Situation der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im politischen Umfeld nicht außen vorgelassen.

Was war der Favorit bei all den Dingen, die Ihnen bei der energie-BKK gelungen sind – in der Zeit als Vorstand oder darüber hinaus?

Frank Heine: Das waren für mich sicherlich die beiden letzten Kassenvereinigungen mit der E.ON BKK zum 1. Januar 2017 und mit der BKK RWE zum 1. Januar 2022. Bei beiden war ich als Vorstand federführend und bei der Vereinigung mit der BKK RWE mit Torsten gemeinsam für den Gesamtprozess verantwortlich. Das war sozusagen unser „Gesellenstück“. Eine erlebnisreiche Zeit. Mittlerweile ist die energie-BKK auf 137.000 Versicherte und 30.000 Partnerunternehmen angewachsen, die von 260 Mitarbeitern an 14 Standorten betreut werden.

 

Woran erinnern Sie sich gerne zurück aus der gemeinsamen Zusammenarbeit?

Torsten Dette: Ich erinnere mich gerne an die Fusion mit der energie-BKK. Ich würde sie als gelungen, wertschätzend und persönlich voranbringend bezeichnen. Durchgeführt unter erschwerten Bedingungen während der Corona-Pandemie. In extrem kurzer Zeit haben wir auf beiden Seiten Verhandlungsteams, erweitert um Mitglieder des Verwaltungsrats, gebildet, die sich auf „Augenhöhe“ sehr engagiert, vertrauensvoll, verlässlich und zielorientiert ausgetauscht haben. Positiv war dabei sicherlich auch, dass sich einzelne Personen bereits aus ihrem täglichen Arbeitsleben kannten.

Frank Heine: Das kann ich nur bestätigen. Auch ich habe selten eine so weitestgehend reibungsfreie Fusion wie diese durchgeführt. Besonders stolz bin ich, dass wir die Kassenvereinigung ohne Hinzuziehung eines externen Beratungsunternehmens, wie bei dieser Größe vielfach üblich, in so kurzer Zeit gemeistert haben. Ein großes Dankeschön möchte ich an dieser Stelle gerne an die Mitglieder des Verwaltungsrates und an alle Mitarbeitenden der energie-BKK aussprechen, die Torsten und mich auf den verschiedenen Ebenen des Projektes stets unterstützt haben.

 

Was stimmt Sie optimistisch?

Torsten Dette: In Anbetracht der herausfordernden Zeiten nach überstandener Corona-Krise und Kriegshandlungen – ich möchte die Rahmenbedingungen gar nicht komplett ausführen – haben wir uns konsolidiert, wettbewerbsfähig ausgerichtet und sind auf einem guten Weg, die energie-BKK weiter am Markt langfristig zu behaupten.

Frank Heine: Das möchte ich gerne untermauern: In meiner letzten Verwaltungsratssitzung als Vorstand der energie-BKK werden wir am 21. Juni 2024 dem Gremium ein vergleichsweise gutes Geschäftsergebnis 2023 präsentieren können. Das ist unter den bestehenden Rahmenbedingungen nicht selbstverständlich und stimmt mich ebenfalls in Richtung Zukunft optimistisch. Insbesondere auch die Kenntnis, dass einzelne Krankenkassen noch in diesem Jahr eine Erhöhung ihres Zusatzbeitragssatzes planen, können wir dieses für die ­energie-BKK definitiv ausschließen.

 

Der Zusatzbeitragssatz der energie-BKK bleibt also im Gegensatz zu dem anderer Krankenkassen bis Jahresende stabil?

Torsten Dette: Ja, bis Ende 2024 werden wir unseren Zusatzbeitragssatz stabil halten. Für das nächste Jahr würde ich den Blick in die Glaskugel zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht werfen wollen. Wer weiß, was unserem Gesundheitsminister Karl Lauterbach noch so alles zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen und ihren Versicherten einfällt. Diesbezüglich möchte ich hier gerne auch ein paar kritische Worte fallen lassen.

 

Im Hinblick auf die Entwicklung des Gesundheitssystems und der Aktionen des Gesundheitsministers, wie sieht die Lage aus?

Torsten Dette: Derzeit bin ich erfüllt von einem heiligen Zorn hinsichtlich des abstrusen, unverantwortlichen und meines Erachtens zum Teil auch rechtswidrigen Handelns eines Gesundheitsministers, der ordnungspolitische Spielregeln missachtet. Hierbei nimmt er in Kauf, die Beitragszahlenden (also die Versicherten und die Arbeitgeber) wissentlich zu belasten, um selbst zu glänzen.

 

Woran machen Sie das fest?

Frank Heine: Dazu gehört zum Beispiel das Vorhaben von Herrn Lauterbach, dass sich die Krankenkassen an der geplanten Neustrukturierung der Krankenhäuser über einen Transformationsfonds finanziell beteiligen sollen. Das heißt, die Kassen sollen sich im Zeitraum 2026 bis 2035 mit insgesamt 25,0 Mrd. Euro aus Mitteln des Gesundheitsfonds, also aus den angesparten Geldern der Beitragszahlenden, an der Finanzierung der neuen Krankenhausstrukturreform beteiligen. Weitere 25,0 Mrd. Euro sollen die Länder in den Fonds einzahlen, die zum Teil schon ihrer bisherigen Finanzierungsverpflichtung der Investitionskosten nur unzureichend nachgekommen sind.

Torsten Dette: Dazu kommt, dass die Krankenkassen rückwirkend ab 2024 die vollständige Refinanzierung der Tarifabschlüsse für alle Mitarbeitenden im Krankenhaus sicherzustellen haben. Das bedeutet, dass die ausgehandelten Tarifabschlüsse für das Krankenhauspersonal „eins zu eins“ an die Beitragszahlenden der Krankenkassen „weitergereicht“ werden. Die Krönung aber: Ab dem Jahr 2027 ist vorgesehen, dass die bisherige Einzelfallprüfung von Krankenhausrechnungen durch neue „Stichprobenprüfungen“ abgelöst werden. Ein risikoreiches Experiment von Herrn Lauterbach für den größten Einzelausgabenblock in der gesetzlichen Krankenversicherung mit rund 100,0 Mrd. Euro. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Erfahrungen belegen, dass jede dritte Rechnung der Krankenhäuser fragwürdig ist. Das kann nicht im Interesse der Beitragszahlenden sein.

 

Die Bürger sollen also durch die Hintertür als Beitragszahlende zur Kasse gebeten werden?

Frank Heine: Ich wähle gerne die Formulierung „Zweckentfremdung von Beitragsmitteln zur Finanzierung originärer Staatsaufgaben“. Ein aktuelles Gutachten des GKV-Spitzenverbandes bestätigt im Übrigen im Gesamtergebnis die „Rechtswidrigkeit“ des politischen Handelns. Zur Klarstellung: Mit Staatsaufgaben im genannten Sinne sind „Bund und Länder“, nicht die „Krankenkassen“, gemeint.

Torsten Dette: Uns ärgert auch, dass die Finanzierung des geplanten „Krankenhaus-Transformationsfonds“ wieder einmal nur zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen, also ohne Beteiligung der privaten Krankenversicherung (PKV), erfolgen soll.

 

Wie kann es weitergehen?

Torsten Dette: Unserer Ansicht nach, muss unter anderem die Finanzierung für die Krankenhausreform neu überdacht werden. Wir wollen eine nachhaltige, verantwortungsbewusste Gesundheitsversorgung, die handwerklich sauber gemacht ist. Die finanziellen Mittel müssen dazu nach dem tatsächlichen Umstrukturierungsbedarf in den Ländern verteilt werden. Die Krankenkassen sind in dem Verfahren frühzeitig mit einzubinden, und es muss ein gemeinsamer Konsens der Beteiligten über die Finanzierung hergestellt werden. Auf jeden Fall ist die einseitige Belastung der Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenkassen zu vermeiden.

Frank Heine: Mit einem weiteren Gesetz, dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz, möchte der Gesundheitsminister die Leistungen der Hausärzte „entbudgetieren“, das heißt von mengenbegrenzenden oder honorarmindernden Maßnahmen ausnehmen. Für die Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenkassen bedeutet dies eine deutliche Mehrbelastung von mindestens 1,0 Mrd. Euro jährlich, ohne damit eine wirkliche Verbesserung der Gesundheitsversorgung zu erzielen.

 

Die energie-BKK hat sich bisher gut behauptet, was macht sie so stark, vielleicht einzigartig und interessant für Versicherte?

Torsten Dette: Wir verstehen die energie-BKK als „Mittelstandsunternehmen“, bei dem der Kunde einen schnellen Zugang zu Leistung und Service erhält und zum Beispiel nicht in einer Telefonwarteschleife festhängt. Länger als 2 Minuten in der Warteschleife halte ich für nicht zumutbar. Das Verständnis – gerade als Krankenkasse näher an unserem Kunden zu sein – stärken wir unermüdlich und bauen es aus. Als künftiger Vorstand nehme ich mich da nicht aus. Wenn sich ein Kunde beim Vorstand beschweren will, dann erreicht er mich per Telefon unmittelbar und direkt.

Frank Heine: Wir verfügen schon jetzt über ein sehr gutes Leistungsportfolio und hohe Service-Standards. Wir sind auch stolz auf unsere bewährte Bindung zu unseren Partnerunternehmen der Energiebranche und deren Mitarbeitenden. Das ist meines Erachtens ein Alleinstellungsmerkmal, in der Energieversorgung sind unsere Wurzeln. Wir nehmen beispielsweise nach wie vor sehr gerne die Einladungen zu Veranstaltungen der Betriebsräte und zu Arbeitssicherheitstagen wahr. Der direkte Draht ist uns wichtig. Wir sind aber auch verstärkt in den sozialen Medien unterwegs und nutzen selbstverständlich auch neue Zugangskanäle.

 

Auf welches Vorhaben 2024/2025 freuen Sie sich als Vorstand?

Torsten Dette: Wir wollen das Thema Digitalisierung in zunehmend einfachen Prozessen anwenden, um dem Mangel an Fachkräften etwas entgegenzusetzen, den Service beizubehalten und auszuweiten. Zweitens wollen wir deutlich näher an die Interessen- und Stimmungslage unserer Kunden heranrücken. Durch sehr detaillierte Kundenbefragungen, „After-Sales“ und ähnliches wollen wir die Kundenzufriedenheit weiter verbessern.

 

Wo liegen zukünftige Herausforderungen?

Torsten Dette: Die sehe ich beim zunehmenden Kostendruck im Gesundheitswesen, unter anderem aufgrund des demografischen Wandels und des wissenschaftlich-medizinischen Fortschritts. Die Erwerbsbevölkerung, die im Wesentlichen die Beitragslast des Gesundheitssystems trägt, schrumpft bekanntlich. Die Ausgaben hingegen wachsen, auch durch den medizinischen Fortschritt, den wir alle wollen, um möglichst lange und gut zu leben. Das kostet aber enorm viel Geld und wird irgendwann die Grenzen der Finanzierbarkeit sprengen. Der Bereich der Pflegeversicherung, wo der Fachkräftemangel anhält und sich verschärft, ist ebenfalls herausfordernd. Woher sollen die Menschen kommen, die in der Lage sind, jemanden professionell zu pflegen?

 

Frank Heine, wie schwer ist es loszulassen, nach so vielen Erfahrungen und langer Zeit in Führungspositionen?

Frank Heine: Momentan befinde ich mich bereits in der Übergangsphase, mit vielen Besprechungen und Verabschiedungen. Torsten und ich haben beispielsweise gerade eine „Rundreise“ durch unsere Service-Center abgeschlossen. Torsten konnte sich dabei den Kolleginnen und Kollegen als designierter Vorstand vorstellen und seine weiteren Vorhaben erläutern, und ich hatte die Möglichkeit, mich noch einmal persönlich zu verabschieden. Es gab hierbei vereinzelt auch sehr emotionale Momente, da mich einzelne Kolleginnen und Kollegen bereits über viele Jahre in der energie-BKK begleiten. Am Standort Hannover werde ich meine Verabschiedung am 24. Juni 2024 vollenden. Am 1. Juli 2024 geht es dann in den Ruhestand – gerne mit dem persönlichen Ziel „gesund älter zu werden“.

 

Was geben Sie dem neuen Vorstand mit auf den Weg?

Frank Heine: Ich brauche Torsten keine Ratschläge zu geben. Er arbeitet bereits so viele Jahre im GKV-System und kennt sich bestens aus. Meines Erachtens wird er einiges fortsetzen, aber auch neuen Herausforderungen gegenüberstehen, die es zu lösen gilt. Und summa summarum glaube ich, dass die energie-BKK für ihn, wie für mich, ein Stück weit Herzensangelegenheit ist. Gemeinsam mit dem Verwaltungsrat und den Mitarbeitenden wird er die energie-BKK sicherlich mit Engagement und Umsicht zum Wohle der Versichertengemeinschaft erfolgreich weiterentwickeln.

 

Wenn es per Fingerschnipp möglich wäre, sofort etwas zu ändern, was wäre das?

Torsten Dette: Mit fällt es augenblicklich etwas schwer, mit Zuversicht in die Zukunft zu blicken, angesichts der vielen Krisen und politischen Herausforderungen. Die Probleme sind dermaßen vielfältig, groß und andauernd, dass diese nur mit Augenmaß und nicht mit Polarisierung zu lösen sind.

Frank Heine: Meinen Wunsch der „Altersgesundheit“ habe ich ja gerade geäußert. Darüber hinaus plädiere ich für ein friedliches Miteinander. Das beziehe ich jetzt nicht nur auf Europa, ich würde mir weltweit mehr Toleranz wünschen und weniger Polarisierung. Also ja: Weltfrieden!

 

Danke für das Gespräch.

 

 

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