Teil 6 - Kampagne Finanzielle Notlage der GKV
News

02.09.2024

Teil 6 - Kampagne Finanzielle Notlage der GKV

Da der Krankenkassenbeitrag für Bürgergeldbeziehende nicht wie bei regulären Arbeitnehmern berechnet werden kann, hat der Bund diesen kurzerhand per Gesetz festgelegt. Seit Jahrzehnten gibt es jedoch Streit über die Höhe des Beitrags: Während Vollzeitbeschäftigte in den niedrigsten Lohngruppen derzeit etwa 350 Euro an GKV-Beiträgen zahlen müssen, begnügt sich der Bund mit einem eigenen Beitrag von nur knapp 119 Euro – das entspricht einem Rabatt von über 60 Prozent. Würde der Bund angemessene Beiträge zahlen, könnten die GKV-Versicherten insgesamt rund 9 Milliarden Euro weniger aufbringen und würden einen um etwa 0,5 Prozentpunkte niedrigeren Beitragssatz zahlen.

Mit § 232a Abs. 1 Nr. 2 SGB V legte der Bund die Berechnungsgrundlage und damit seine an die GKV zu zahlenden Beitrag für Bürgergeldempfänger willkürlich fest. Eine vom Gesetzgeber selbst gesetzte Frist zur Evaluation der Berechnungsgrundlage, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Anpassung der Pauschale zum 01. Januar 2018 geführt hätte, ließ der Bund verstreichen und erklärte sie im Anschluss durch Zeitablauf für erledigt. Die Tatsache, dass die gleiche Evaluation, die dann doch noch vorgelegt wurde, die Unterfinanzierung der gesetzlich krankenversicherten Bezieher von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld im SGB II aufzeigte, aber nicht zu einer Anpassung der Berechnungssystematik führte, macht deutlich, dass sich der Bund sozialstaatlichen Aufgaben zu Lasten der GKV-Versicherten entzieht. Während für Vollzeitbeschäftigte in untersten Lohngruppen ein GKV-Beitrag von ca. 350 Euro zu entrichten ist, ignoriert der Bund konsequent seine Fürsorgepflicht gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern und gewährt sich mit einem Beitrag von knapp 119 Euro selbst einen Beitragsrabatt von mehr als 60 Prozent. Würde der Bund fair bemessene Beiträge zahlen, würden die Beitragszahler der GKV im Gegenzug rund 9 Milliarden Euro weniger aufbringen müssen – und einen gut 0,5 Prozentpunkte niedrigeren Beitragssatz zahlen können.

Hoher Discount für den Bund bei Versicherungsbeiträgen von Bürgergeldempfängern

Seit Jahrzehnten zahlt der Bund fragwürdig niedrige Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung der Empfängerinnen und Empfängern von Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe, Hartz IV und Bürgergeld. Die Beitragszahler der gesetzlichen Krankenversicherung kommen dadurch für Kosten auf, die eigentlich dem Steuerzahler zuzurechnen wären. Die Ampelkoalition weiß um das Problem, sitzt es aber konsequent aus.

Der Beitrag für Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung bemisst sich nach dem Bruttoeinkommen. Die Krankenkasse verlangt davon jenen Anteil, der dem Beitragssatz von gegenwärtig durchschnittlich 16,3 Prozent (inklusive des Zusatzbeitrags) entspricht, also je 1.000 Euro Bruttoeinkommen 163 Euro. Die Versicherten und ihre Arbeitgeber teilen sich diesen Beitrag, so dass Versicherte 81,50 Euro zu zahlen haben, die in der Regel auf dem Lohnstreifen abgezogen werden.

Beschäftigungslose Bürgergeldbeziehende haben jedoch weder ein richtiges Bruttoeinkommen, da sie auf das Bürgergeld keine Steuern zahlen, noch haben sie einen Arbeitgeber. Deshalb muss die Bundesagentur für Arbeit für ihre Krankenversicherung sorgen. Da die übliche Berechnungsmethode für den Krankenkassenbeitrag mangels Bruttoeinkommen nicht funktioniert, legt der Bund den Betrag, den die Bundesagentur für einen Bürgergeldbeziehende an die Krankenkasse überweist, per Gesetz fest.

Die Berechnungsmethoden dafür haben sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder geändert, aber eines ist geblieben: Die Regierenden haben bei der Gesetzgebung die hohen Kosten vor Augen gehabt und immer wieder Beträge willkürlich festgelegt, die aus Sicht der Krankenkassen, aber auch der jeweiligen Opposition, deutlich zu niedrig waren.

Als die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2000 den pauschalen Krankenkassenbeitrag für die damals als Arbeitslosenhilfe bezeichnete Leistung zum wiederholten Mal deutlich kürzte, kritisierte die CDU: „Der geplante neue Verschiebebahnhof zwischen Sozialversicherungszweigen zu Lasten der Krankenversicherung kann nicht hingenommen werden. Die Absenkung der Bemessungsgrundlage für Arbeitslosenhilfeempfänger bedeutet eine weitere versicherungsfremde Leistung für die Krankenversicherung. (...) Die Absicherung der Arbeitslosenhilfeempfänger für den Krankheitsfall wird so durch die übrigen Beitragszahler der gesetzlichen Krankenversicherung subventioniert. Diese tragen damit das Risiko der längerfristigen Arbeitslosigkeit, das eigentlich dem Bund zuzurechnen ist.“ Das müsse „automatisch zu Beitragssatzerhöhungen führen”.

Dieser Streit setzt sich bis heute in gleicher Weise fort: Während Vollzeitbeschäftigte und ihr Arbeitgeber aktuell bereits in den untersten Lohngruppen einen Krankenkassenbeitrag von rund 350 Euro zu entrichten haben, gewährt der Bund sich nach wie vor einen satten Beitragsrabatt: Bei einem Beitrag von knapp 119 Euro liegt dieser Rabatt bei über 60 Prozent. Würde der Bund fair bemessene Beiträge zahlen, hätten die Beitragszahler der GKV im Gegenzug rund 9 Milliarden Euro weniger aufzubringen – und könnten einen gut 0,5 Prozentpunkte niedrigeren Beitragssatz zahlen.

Eigentlich hatte die Ampelkoalition eine Erhöhung des strittigen Betrages in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt: „Wir finanzieren höhere Beiträge für die Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II aus Steuermitteln“, heißt es da. Doch geschehen ist bisher nichts dergleichen.

Unsere Position:

  • Die im Koalitionsvertrag versprochenen Finanzmittel für Bürgergeldbeziehende müssen endlich kommen.

Auf der Webseite des BKK Dachverbandes erhalten Sie noch mehr Informationen zu der Kampagne „Finanznot in der GKV“.

Wir unterstützen die Kampagne des BKK-Dachverbands. Der Zusatzbeitragssatz der energie-BKK beträgt 1,59 Prozent und liegt somit unter dem Durchschnitt aller gesetzlichen Krankenkassen – er bleibt auch in 2024 stabil.

Hallo, haben Sie eine Frage?
Überprüfen oder Zurücksetzen der Datenschutzeinstellungen