14.11.2024
Kein Ausschluss von Teilzeitkräften von tariflicher Altersfreizeit
Ein Ausschluss teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer von einer tariflichen Regelung zur sogenannten Altersfreizeit verstößt gegen das Benachteiligungsverbot. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Ist in einem Tarifvertrag vereinbart, dass Mitarbeiter ab einem bestimmten Alter eine festgelegte Stundenzahl pro Woche als Altersfreizeit bekommen, dann muss die Altersfreizeit auch den im Betrieb beschäftigten Teilzeitkräften (anteilig) gewährt werden. Das geht aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts hervor (BAG, Urteil vom 9.7.2024, 9 AZR 296/20). Eine Klausel im Tarifvertrag, wonach Teilzeitbeschäftigte von der Altersfreizeit ausgeschlossen werden, beurteilte das BAG als rechtswidrig.
Im Fall vor dem BAG ging es um eine tarifvertragliche Regelung, wonach Arbeitnehmer, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, eine Altersfreizeit von 2 Stunden pro Woche bekommen. Jedoch werden in der tariflichen Regelung Teilzeitbeschäftigte sowie Arbeitnehmer, die Kurzarbeit leisten, vollständig von der Gewährung von Altersfreizeit ausgeschlossen. Eine Teilzeitmitarbeiterin, die mit einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden in dem Unternehmen beschäftigt war, verlangte nach Vollendung ihres 58. Lebensjahres eine tarifliche Altersfreizeit von einer Stunde wöchentlich. Sie vertrat die Auffassung, der tarifliche Ausschluss von Teilzeitbeschäftigten von der Altersfreizeit-Regelung verstoße gegen das Benachteiligungsverbot und sei deshalb unwirksam.
Der Arbeitgeber lehnte die Forderung der Mitarbeiterin ab. Er war der Meinung, die tarifliche Differenzierung zwischen Vollzeit- und Teilzeitkräften sei sachlich gerechtfertigt. Die Altersfreizeit trage dem erhöhten Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer Rechnung und diene deren Entlastung. Die Festlegung des Schwellenwerts von 38 Wochenarbeitsstunden beruhe auf der Annahme, dass die Belastung älterer Arbeitnehmer, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit bereits auf weniger als 38 Stunden herabgesetzt sei, in einem Umfang reduziert sei, der den Ausschluss von der Gewährung der Altersfreizeit rechtfertige.
Das BAG gab der Mitarbeiterin Recht und sprach ihr einen Anspruch auf Gewährung einer bezahlten Altersfreizeit im Umfang von einer Stunde pro Woche zu. Das BAG verwies auf die Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz, wonach ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden darf als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer – es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Das BAG sah die Ungleichbehandlung im vorliegenden Fall darin, dass die tarifliche Regelung eine Differenzierung enthält, die an die Dauer der Arbeitszeit anknüpft. Nach BAG-Ansicht liegt hier kein sachlicher Grund vor, der die Benachteiligung von Teilzeitkräften rechtfertigt. Allein das unterschiedliche Arbeitspensum berechtige nicht zu einer unterschiedlichen Behandlung von Vollzeit- und Teilzeitkräften, so das BAG. Außerdem entschieden die Richter, dass der Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien nicht dazu führen dürfe, das Verbot der Diskriminierung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer auszuhöhlen.