Kommunikation mit Kindern
Wenn ich mal groß bin, werde ich Bestimmerin!
Sicher haben Ihre Kinder auch schon mal solche Sätze fallen gelassen. Mit dieser unerwarteten Bemerkung überraschte die fünfjährige Alice ihre Eltern beim Abendessen. Jetzt können die Eltern mit einer „offenen“ Rückfrage mehr über die Sehnsüchte, Abneigungen, Vorlieben und Fantasievorstellungen ihrer Tochter erfahren. So kann ein regelrechter Gedankenaustausch starten.
Die Psychologin Ulrike Döpfner hat 100 inspirierende Fragen formuliert, die Kinderwelten öffnen: Es sind Fragen, die nicht einfach mit Ja oder Nein zu beantworten sind. Wer, Wie, Was, Wieso, Weshalb, Warum – es sind die W-Fragen, die einladen, persönliche Meinungen, Träume und Wünsche miteinander auszutauschen.
Eine offene Rückfrage in dem Stil wäre zum Beispiel: „Wie stellst du dir die Superkräfte einer Bestimmerin vor? Wofür würdest du sie gerne einsetzen?“ Damit startet ein offenes Gespräch ohne Hintersinn. Gefühle und Gedanken werden ausgetauscht. Nicht nur Kinder gewinnen dadurch, sondern auch Erwachsene.
... gute Gespräche haben eine wichtige emotionale Bedeutung und bleiben in Erinnerung.
An welche guten Gespräche als Kind erinnern Sie sich? War es mit Oma im Garten? Oder vor dem Schlafengehen, wenn Papa eine Gute-Nacht-Geschichte erzählte? Das Schöne daran ist die ungeteilte Aufmerksamkeit, die ein Kind dann erfährt. Das ist der Schlüssel für ein gemeinsames Verständnis. Auch Erwachsenen tut diese Form der Aufmerksamkeit gut, in der Partnerschaft, im Beruf und unter Freunden – ein Dialog entsteht, man hört einander zu. Der Austausch fließt, jeder gibt etwas von sich preis. So kann man voneinander lernen. Es lohnt, sich dafür einige Minuten Zeit zu nehmen, ganz ohne Ablenkung. Kinder zeigen auch ganz unvoreingenommen ihre Neugierde. Zusammen neugierig zu sein, macht Spaß. Es erhöht die Gesprächsintensität und Energie. Das Handy sollte dabei unbedingt ausgeschaltet sein!
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Ein weiterer Tipp: Je ausgeglichener Sie selbst sind, desto besser klappt es, auf das Kind einzugehen. Gut ausbalanciert zu sein, ist wichtig, um Vertrauen aufzubauen und Aufnahmebereitschaft zu signalisieren, wie: Ich bin da, wenn es brennt!
Eine konstruktive Eltern-Haltung bei Gesprächen ist entscheidend, eher die Chance als das Risiko zu sehen. Gar nicht so leicht, wenn es um den eigenen Nachwuchs geht! Gut gemeinte Ratschläge und Bewertungen wie „Du bist viel zu ängstlich für eine Bestimmerin“, bremsen da aus. Spinnen Sie lieber gemeinsam und hören Sie aktiv zu. So verstehen Sie, was ihr Kind fühlt und meint.
Die 100 Fragen unterteilt Ulrike Döpfner in Kategorien. Da gibt es Fragen, welche Ängste zur Sprache bringen, aber auch die Fantasie anregen sollen, wie „Was würdest du zaubern, wenn du zaubern könntest?“ oder „Wie stellst du es dir vor, unsichtbar zu sein, wenn du es könntest?“
Wunschfragen bringen Vorlieben Ihres Kindes zum Vorschein: „Als was würdest du dich gerne verkleiden?“ oder „Wo würdest du gern mal leben?“ Mit Favoritenfragen lernen Sie etwas über die Vorlieben Ihres Kindes wie: „Was ist dein Lieblingsgeruch?“, „Woran erinnert dich das?“ Aber auch diese Frage könnte spannend sein: „Welchen Gegenstand würdest du nie wegwerfen?“
Durch Fragen nach Einstellungen und Werten können Standpunkte ausgetauscht werden: „Was findest du ungerecht?“ oder „Was glaubst du, geschieht nach dem Tod?“
„Wenn du einen Tag nicht reden könntest, wie würde sich das anfühlen? Was wäre gut daran? Was würdest du dabei vermissen?“ Aus den Antworten können Sie ganz neue Erkenntnisse gewinnen.
Schließlich gibt es noch die Kreativitätsfragen, die den Einfallsreichtum fördern, wie „Welche Firma würdest du gern gründen, und was würde dir dabei am meisten Spaß machen?“ oder „Was für ein Gebäude würdest du gerne bauen, und wie sollte es aussehen?“
Haben wir Ihr Interesse geweckt? Wer „den Zauber guter Gespräche“ entdecken will, findet online eine Vielzahl an Tipps von Ulrike Döpfner. Es lohnt sich, damit Kinder und Erwachsene einander echtes Interesse und Zeit in Form kreativer Gespräche schenken. Vielleicht testen Sie die Methode auch einmal an Ihren erwachsenen Freunden? Sie werden sich wundern.