Aus Liebe  zu Obst  und Gemüse
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Regionale Landwirtschaft

Aus Liebe zu Obst und Gemüse

Knackige Salate, Gemüse-Bowls, Fruchtcocktails – essen Sie auch so gerne frisches Obst und Gemüse? Dann können Sie jetzt aus dem Vollen schöpfen, denn es ist Sommer und das Angebot groß. Ob Mineralstoffe, Vitamine oder sekundäre Pflanzenstoffe, da steckt allerlei Gutes für die Gesundheit drin. Aber wie werden die Obst- und Gemüsesorten erzeugt? Dazu haben wir Willi und Sonja Rabe befragt. Sie bewirtschaften den „Rabengarten“ in Niedersachsen auf 20 Hektar Acker, Wald und Wiesen. Im Gespräch mit den beiden staunen wir über hektarweise Handarbeit, Süßkartoffel-Experimente, unverzichtbare Acker-­Accessoires und ihre Bienenwiese.

Wie fühlt es sich an, regionales Obst und Gemüse zu erzeugen?
Sonja: Das Gefühlsspektrum reicht von erschöpft – aufgrund der teilweise extra harten körperlichen Belastung, überfordert – von dem stets wachsenden bürokratischen Aufwand, bis hin zu glücklich – beim Anblick der vor Vitalität strotzenden Gemüsereihen im Morgenlicht. Uns freut auch riesig die Begeisterung unserer Kunden für unsere Arbeit und Ernte-erzeugnisse.

Willi: Unterm Strich könnte man sagen, wir sind dankbar dafür, unseren Traum von einer besseren Zukunft täglich aktiv und so intensiv leben zu können.

 

Wie viele Gemüsekulturen baut ihr an?
Willi: Aktuell sind es 58 Kulturen, dabei nehmen momentan Rote Bete, Porree, Sellerie, Hokkaido, Endiviensalat und Mangold den meisten Raum auf dem Feld ein. Diese sechs Kulturen bauen wir sowohl für den direkten Verkauf auf unseren Wochenmärkten als auch für den Großhandel an, der damit unsere Kollegen beliefert.

Sonja: Gemüsesorten von Aubergine bis rote Zwiebel bieten wir exklusiv für unsere eigenen treuen Wochenmarkt-Kunden an. Wir probieren gerne Neues aus, daher variieren Anzahl und Menge der Kulturen von Jahr zu Jahr etwas.

 

©Sonja Rabe
©Sonja Rabe
©Sonja Rabe
©Sonja Rabe

 

Naturverbunden und nachhaltig – was bedeutet das?
Willi: Es hängt für uns in erster Linie mit der inneren Haltung und Überzeugung zusammen. Wir akzeptieren, dass Unkraut, Schnecken, Tauben, Rehe, Kaninchen oder Schmetterlingsraupen bei uns auf dem Acker zu Hause sind und sich selbstverständlich und eigenverantwortlich an der Ernte beteiligen. Wir verzichten zum Beispiel auf Kunstdünger, Herbizide, Insektizide und Fungizide, denn wir denken, dass kurzfristige Gewinnmaximierung zu Lasten der Umwelt geht und eine lebensfeindliche Hypothek für Generationen darstellt. Zwar verursachen das Aufbringen von Pferdemist sowie das Anpflanzen spezieller Nutzungskulturen mehr Aufwand, bringen aber auch ein Mehr an Geschmack, Lebensqualität und Zufriedenheit.

Sonja: Ganz konkret beobachten wir die Brisanz des Themas Nachhaltigkeit bei unserem 10-jährigen Sohn. Er macht sich regelmäßig Gedanken darüber, wie wir den Aspekt der Artenvielfalt auf unseren Betriebsflächen in Zukunft bestmöglich gestalten und der Herausforderung des Klimawandels begegnen können.

 

Was ist am schwierigsten zu ernten?
Willi: Wir haben vor einem Jahr unser Süßkartoffel-Experiment gestartet. Die Knollen wachsen recht tief und aufgrund der fehlenden Spezialmaschinen (die Anschaffung ist für unsere Anbaugröße zu kostspielig), grabe ich sie mit dem Spaten aus. Unser Wildkräutersalat im Frühjahr enthält 50 Prozent wildgewachsener Kräuter. Wir sammeln uns einmal quer über den Acker, die Pferdewiese und durch die Büsche am Waldrand, um Spezialitäten wie jungen Giersch, Spitzwegerich, rote Taubnessel, saftige Vogelmiere und Brennnesselspitzen zu ergattern.

 

Was passiert mit dem geernteten Obst und Gemüse?
Sonja: Wir ernten für unsere Wochenmärkte und unsere Großhandelspartnerin in Hamburg. Bei Ertragsüberschüssen bedienen wir auf Nachfrage noch einen kleinen Zwischenhändler, der hauptsächlich nach Berlin weiterverkauft. Der Inhaber unseres Lebensmittelgeschäfts hier im Dorf ist ebenfalls sehr engagiert und achtet auf Regionalität. Er erhält von uns Tomaten, Sellerie, Salate, Gurken, Kürbisse, Porree und Lauchzwiebeln.

 

©Sonja Rabe
©Sonja Rabe
©Sonja Rabe
©Sonja Rabe

 

Wann steht ihr morgens auf und wie sieht der Tagesablauf aus?
Sonja: Unser Tagesablauf ist abhängig von Jahreszeit, Wetter und natürlich dem Wochentag. Die Markttage dienstags und donnerstags beginnen um 3:30 Uhr morgens mit dem Einladen der eigenen Ware. Dann werden die zugekauften Produkte wie Bananen und Kiwis bei einem Kollegen abgeholt. Gegen 6 Uhr beginnt der Aufbau auf dem Markt, um 8 Uhr startet der Verkauf bis 13 Uhr. Es folgt der Abbau bis 14:40 Uhr und gegen 15:30 Uhr laden wir zu Hause noch eine Stunde aus.

Willi: Erntetage beginnen mit dem Sonnenaufgang, also im Sommer gegen 5 Uhr, im Winter mit Frostfreiheit und ausreichend Licht um 9 Uhr. Wir schleifen die Messer und laden die Kisten auf den Anhänger auf. Dann geht es mit dem Trecker samt Anhänger aufs Feld, mit dabei die Waage und ganz wichtig der Erntezettel.

Sonja: Gummibänder zum Bündeln von Kräutern, Handschuhe, Gummistiefel, Regenkleidung, Sonnencreme sowie Wasser sind ebenfalls unverzichtbare Acker-Accessoires. Das Gemüse wird nach der Ernte bei uns auf dem Hof gewaschen, die Kisten etikettiert und auf Paletten gestapelt ins Kühlhaus gefahren. Im Hochsommer machen wir zwei Stunden Mittagspause, anschließend wird weiter geerntet bis 18 Uhr. Bei umfangreichen Bestellungen auch mal bis 20 Uhr nach einer weiteren Pause. Dann wird die Ware auf den Transporter geladen und macht sich auf die Reise nach Hamburg, Hannover oder Berlin. Sie wird nachts ausgeliefert. An erntefreien Tagen bzw. bei kleineren Bestellungen pflanzen wir auf dem Feld neues Gemüse, hacken oder pflegen in den Gewächshäusern Tomaten, Paprika und Gurken.

 

Was ist euer Lieblingsgemüse oder Obst im Sortiment?
Sonja: Ganz klar für mich unsere Auberginen und Honigmelonen. Beide verzaubern mich mit einer optischen Anmut, die ihresgleichen sucht. Auch das Geschmackserlebnis ist derart intensiv, dass ich meist noch den ganzen Winter von der Erinnerung zehre.

Willi: Tomaten in jeder Gestalt. Die festen Cherrytomaten mit ihrer leichten Säure, die süßen, kleinen, gelben „Sunsation“, die prallen Aromatomaten, die unvergleichlichen Fleischtomaten … und natürlich Erdbeeren und Aprikosen. Sie sind phantastisch sowohl zum sofortigen Verzehr als auch zum Genießen, nachdem ich sie in Konfitüre verwandelt habe.

Was macht ihr im Winter? Stricken und häkeln?
Willi: Bis Weihnachten werden noch Hokkaido, Sellerie, Wirsing, Winterporree und weitere Gemüsesorten geerntet. Daneben wird das eingelagerte Gemüse sortiert und geputzt. Wir bereiten die nächste Saison vor.

Sonja: Wir planen Investitionen, räumen Haus und Hof auf und bauen um. Wir erledigen liegengebliebene Büroarbeit, planen den Anbau für das Folgejahr und bestellen die Jungpflanzen. Dann checken wir auch den Maschinenpark durch und reparieren alles. Ach ja, wir haben auch mal Muße auszuschlafen, zu lesen, zu spielen, uns fortzubilden, auszutauschen — auch sehr wichtig — zu feiern und uns inspirieren zu lassen. Zum Beispiel für neue Projekte, wie einen neuen Webauftritt, der gerade fertig geworden ist.

 

©Sonja Rabe
©Sonja Rabe
©Sonja Rabe
©Sonja Rabe

 

Welchen Tipp könnt ihr für den Gemüse- und Kräuter­anbau auf Terrasse oder Balkon geben?
Willi: Es ist sinnvoll, die entsprechende Spezialerde für Balkon- und Kübelpflanzen zu verwenden. Bei Gemüse solltet ihr darauf achten, ausreichend große Pflanzgefäße zu verwenden, am besten ab 10l Volumen. Orientiert euch am Platzbedarf der ausgewachsenen Pflanze. In den Kästen kann man Kräuter und Stauden nach ihrem Wasserbedarf gruppieren. Die „Säufer“ von den trockenheitsliebenden Pflanzen trennen. Faustregel: Mit etwa einer Handbreit Abstand aneinander setzen. Ideal ist es, regional im Freiland oder Kalthaus gezogene Jungpflanzen zu kaufen. Wir wünschen euch viel Spaß beim Anlegen und später beim Genießen eurer persönlichen, kleinen Oase.

 

Ihr habt auch eine Bienenwiese - was ist darunter zu verstehen?
Willi: Wir haben Ende 2018 entschieden, weniger Gemüse für den Großhandel zu produzieren und die dadurch frei gewordenen Flächen zu nutzen, um darauf Blühpflanzen anzubauen, die sich an den Bedürfnissen von Bienen und anderen Insekten ausrichten. Es handelt sich dabei um 5 Hektar, also 10 Fußballfelder, das sind 50 Prozent unserer Anbaufläche. Der jährliche Wechsel von Gemüseanbau und der Aussaat von Blühmischungen nutzt den Insekten, denen aufgrund der intensiven Landwirtschaft wichtige Lebensräume und Nahrungsquellen fehlen. Außerdem schont das auch den Boden, fördert den Humusaufbau und erleichtert uns die Einhaltung der Fruchtfolge.

Sonja: Die Bienenwiese ist ein Herzensprojekt von uns. Wir möchten mit dem Gewinnverzicht der Natur etwas zurückgeben für die vielen wundervollen Gemüsegeschenke, die wir Jahr für Jahr erhalten. Besonders schön ist, dass die Ausgaben für die Pacht, das Saatgut und auch die Pflege durch die EU-Förderung für Blühstreifen gedeckt werden können. Mehr Informationen unter rabengarten.de

 

Danke fürs Gespräch!

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