Ein Reizthema zwischen Eltern und Kinder
Chaos im Kinder-/Jugendzimmer?
Im Kinderzimmer kann man kaum noch den Boden erkennen, und das Bett ist voller Klamotten? Das ist doch zum verrückt werden! Dabei haben Sie vor ein paar Stunden gesagt, dass aufgeräumt werden soll. Unordnung ist in vielen Familien ein ewiges Streitthema. Nur wie können Sie die Balance zwischen Ordnung und kreativem Chaos halten? Wir verraten, wie Eltern ohne Streit ihre Kinder zum Aufräumen motivieren können.
Früh übt sich! Schon von kleinauf sollten Sie ein gutes Vorbild sein – Kinder orientieren sich an uns Erwachsenen und brauchen einfach in vielen Dingen Hilfe. Besonders in jungen Jahren sind sie oft mit ihren eigenen Sachen überfordert. Lassen Sie Ihr Kind mit der schweren Aufgabe des Aufräumens nicht allein, sondern unterstützen Sie es. Der Sinn für Ordnung muss sich erstmal entwickeln. Finden Sie den Ausgleich zwischen Toleranz und Konsequenz – entsprechend dem Alter und der Fähigkeiten des Kindes. Schulkindern kann man schon mehr zutrauen und abverlangen als Kleinkindern.
Kleinkinder fühlen sich mit einem überschaubaren Kinderzimmer wohler. Die ersten Berührungen mit Ordnung erfahren sie bei Sortierspielen. Dafür ist ein Steckwürfel perfekt, wo verschiedene Formen der passenden Öffnung zugeordnet werden können – das trainiert gleichzeitig die Feinmotorik. Auch beim Wegräumen des Einkaufs oder beim Putzen können schon die Kleinsten helfen – meistens sind sie sogar richtig stolz, wenn sie helfen dürfen. Lassen Sie die Kinder eigene Erfahrungen machen – zum Beispiel die, dass man etwas nicht wiederfindet, wenn nichts an seinem Platz ist.
Ihr Kind ist bestimmt stolz auf den großen Turm. Zeigen Sie Anerkennung – solche Spielergebnisse dürfen ruhig etwas länger stehen bleiben. Bei jüngeren Kindern ist etwas Chaos bei oder nach einer phantasievollen Spielphase ganz normal. So kann sich Kreativität entwickeln – für Kinder ist es nämlich kein unordentliches Zimmer, sondern ein Raum der Millionen Möglichkeiten. Meckern und schimpfen ist demotivierend. Nehmen Sie sich Zeit fürs spielerische Aufräumen. Gemeinsam kann das sogar Spaß machen. Es gibt Kinderlieder, die sich um das Thema Aufräumen drehen. Oder wer schafft es, mehr Kuscheltiere in die große Kiste zu werfen und wer kann die Bücher nach Größe ins Regal einsortieren? Aufräumrituale geben Struktur.
Zu viele Spielsachen sorgen für eine Reizüberflutung. Eine große Kiste, voll mit allen möglichen Dingen, überfordert – das gilt auch für den Kleiderschrank. Wenn alles überschaubar angeordnet ist, hat Ihr Kind einen besseren Überblick und muss nicht erst sämtliche Klamotten auf dem Boden verteilen, um zu sehen, was überhaupt zur Auswahl steht. Platzieren Sie die Lieblingsspielsachen gut erreichbar auf Augenhöhe. Selten genutzte Dinge können in die oberen Regale oder sogar im Keller verstaut werden. Die Entscheidung, womit man heute spielt, fällt deutlich schwerer und es macht unzufrieden, wenn die Auswahl zu groß ist. Sie kennen bestimmt dieses Gefühl, wenn Sie die Speisekarte durchforsten und am liebsten alles essen würden. Bei einer überschaubaren Speisekarte fällt die Auswahl direkt leichter. Auch die Konzentration leidet unter einem zu großen Angebot – Spiele werden nicht zu Ende gespielt, weil man ja alles ausprobieren will. Sie brauchen sich nicht schlecht zu fühlen, ab und zu gemeinsam auszumisten, beziehungsweise Spielsachen eine Auszeit zu gönnen.
Was Kindern vorgelebt wird, prägt sie. Doch sollte man nicht vergessen, jeder Mensch hat auch seine eigene Persönlichkeit.
Iris ist Erzieherin und Mutter von Marvin und Lena. Sie erinnert sich, früher war es so: „Mein Sohn war sehr ordnungsliebend – alles hatte seinen festen Platz, selbst die Kuscheltiere im Bett. Meine Tochter Lena dagegen lebte im völligen Chaos. Es gab die Abmachung, dass der Weg vom Bett zur Tür frei bleibt. Das macht deutlich, auch bei gleicher Erziehung bleibt jeder Mensch individuell. Eltern sollten sich nicht verrückt machen. Als meine Tochter ausgezogen ist, war ich überrascht, wie sauber sie ihre Wohnung hielt. Vielleicht ist es Zufall – doch ist es nicht interessant, dass Marvin mittlerweile als Energieberater in einem Ingenieurbüro tätig ist, sehr genaue Baupläne anfertigen muss und Lena als Mediengestalterin in einer Werbeagentur ihre Kreativität ausleben kann?“
Wenn du nicht …, dann …
„Wenn du dein Zimmer nicht aufräumst, bekommst du später kein Eis.“ Kindern fällt es schwer, eine solche Drohung zu verstehen, denn wo ist der kausale Zusammenhang zwischen dem Aufräumen und der angekündigten Bestrafung? Mit Bestrafung drohen oder Belohnung ködern, wirkt einschüchternd auf Kinder. Das eigentliche Ziel wird aus den Augen verloren. Alternativ können Sie Ihrem Kind logische Konsequenzen, die mit seinem Handeln zusammenhängen, erklären. „Räum deinen Schreibtisch auf, sonst kann es passieren, dass dir in der Schule etwas fehlt.“ oder „Ich kann dein Lieblings T-Shirt nur dann waschen, wenn du es in den Wäschekorb legst.“
Hallo Pubertät, hallo Chaos!
Wenn die Pubertät beginnt und sich die Hormone verändern, dann ändern sich auch die Interessen. Das bedeutet nicht, das Ihre Erziehung in den letzten Jahren keine Spuren hinterlassen hat – die Teenagerzeit ist einfach etwas Besonderes. Die Unordnung sorgt ständig für Streit? Setzen Sie sich Prioritäten – erwarten Sie bitte nicht jeden Tag ein picobello sauberes Zimmer. Finden Sie einen Kompromiss – was ist Ihnen besonders wichtig? Zum Beispiel keine Essensreste im Zimmer, oder Schulsachen sollten auf dem Schreibtisch bleiben. Sie sollten nicht eigenhändig das Zimmer aufräumen, denn dabei geht es nicht nur um den reinen Sachverhalt des Aufräumens. Glaubenssätze wie, „du musst dich anpassen, unterordnen und gehorsam sein“, können sich im Kind festigen – ein Machtkampf entsteht. Denn das Jugendzimmer ist ein privater Bereich, in dem sich das Kind wohlfühlen soll. Nur wer selbst aufräumt, lernt eigenverantwortlich, Ordnung zu halten. Das heißt nicht, dass Sie Ihr Kind nicht dabei unterstützen können.
Tipps und Tricks
- Eine große Menge an Spielsachen überfordert Kleinkinder.
- Kisten und Schubladen können mit Farben oder Bildern gekennzeichnet werden.
- Kinder dürfen mitentscheiden, wo welches Spielzeug seinen festen Platz hat.
- Loben Sie Ihr Kind für eigenständiges Aufräumen. Ehrliche Anerkennung ist nachhaltiger als eine materielle Belohnung.
- „Räum endlich auf!“, ist viel zu allgemein! Kinder können mit genauen Aussagen besser umgehen: „Leg alle Arbeitsblätter auf einen Stapel und leg deine Wäsche in den Wäschekorb.“
- Bleiben Sie entspannt – Jugendliche haben andere Prioritäten oder wollen einfach mal rebellieren.