Taktile Wahrnehmung bei Kindern spielerisch fördern
Die Welt begreifen und erspüren
Was ist heiß? Was ist kalt? Wie fühlt es sich an? Kinder lernen durch das Berühren von Gegenständen nicht nur die Welt kennen, auch die eigene Körperwahrnehmung wird gestärkt. Schon lange bevor Kinder ihre ersten Wörter sprechen, wird die Umgebung abgetastet und Taktiles wahrgenommen. Durch den Kontakt mit physischen Objekten lernen Kinder, ihre Umwelt zu erkunden und zu erfassen.
Taktile Wahrnehmung – was genau ist das eigentlich?
Wichtig ist die Unterscheidung zwischen aktiven und passiven Berührungen. Die taktile Wahrnehmung ist nicht mit dem haptischen Tastsinn gleichzusetzen. Als haptische Wahrnehmungen bezeichnet man alle aktiven Berührungen, das umfaßt alle Aspekte der bewussten Berührung unter Verwendung der Hände. Taktile Reize, wie Berührung, Druck, Temperatur und Schmerz, entstehen passiv – über die Rezeptoren auf unserer Haut. Da Babys mit den Händen noch etwas ungeschickt sind, wird alles mögliche in den Mund gesteckt und sorgfältig untersucht – auch hier sitzen Rezeptoren. Direkt nach der Geburt erfährt das Neugeborene Berührungen mit anderen Menschen und Materialien.
Haptisch = etwas aktiv berühren
Taktil = passiv berührt werden
Wieso sollten Sie die taktile Sinneswahrnehmung Ihres Kindes fördern?
Diese Körpererfahrungen sind wichtig für die Entwicklung eines Kindes. So lernen Kinder ihren Körper besser kennen und erfahren beispielsweise, ob etwas zu heiß oder zu kalt ist. Das wirkt sich positiv auf das Körperbewusstsein und die Bewegungsfähigkeit aus. Die Motorik wird ebenfalls gefördert – -Kinder mit wenig „Berührungs“-Erfahrungen haben zum Beispiel oft Probleme, einen Stift richtig zu halten oder differenzierte Schreibbewegungen umzusetzen. Taktile Wahrnehmungen fördern das Verstehen abstrakter Zusammenhänge. Berühren oder berührt werden – damit wird in jungen Jahren zugleich auch der Baustein für das spätere zwischenmenschliche Verhalten gelegt. Liebevolle Berührungen schaffen Vertrauen und unterstützen die emotionale Bindung.
Die taktile Wahrnehmung ist nicht nur für Säuglinge und Kinder wichtig. Bis in das Seniorenalter hinein wirken sich taktile Reize positiv auf die Psyche sowie die körperliche und geistige Fitness aus.
„Das Kind ist Baumeister seiner selbst“ – Maria Montessori
Mögliche Anzeichen für eine fehlende -Körper-wahr-nehmung sind:
• geringes oder mangelndes Schmerzempfinden
• häufiges Hinfallen
• Berührungen, bestimmte Stoffe und Kleidung
werden als unangenehm empfunden
Das Gefühl von Nässe und Temperaturunterschieden. ©istockphoto.com/Artem Efimov
Die taktile Sinneswahrnehmung fördern
Lassen Sie Ihr Kind die Welt erkunden
Taktile Wahrnehmung lässt sich therapeutisch fördern, beispielsweise durch Ergotherapie. Lassen Sie sich von Ihrem Kinderarzt beraten.
Für die Förderung der taktilen Wahrnehmung sind möglichst viele Berührungen unterschiedlicher Dinge sinnvoll. Das geht ganz einfach und spielerisch – ob Schwimmen, Bällchenbad oder Matschen mit Rasierschaum. Ein Spaziergang in der Natur bietet zahlreiche Gegenstände, die unterschiedliche Oberflächen besitzen.
Hier haben Kinder die Möglichkeit Gras, Sand, Blätter und Bäume zu spüren. Auch die Spielzeugindustrie bietet zahlreiche Möglichkeiten, die taktile Wahrnehmung spielerisch zu fördern. Fühlmemorys oder Fühlwände – all das kann man auch einfach selber basteln. Im Internet gibt es zahlreiche und einfache Anleitungen – lassen Sie sich inspirieren. Wichtig ist, die Kinder selbst ausprobieren zu lassen, keinen Druck aufzubauen und nichts zu erzwingen – positive Entwicklungen loben.
1. Stellen Sie eine große Kiste in den Raum, sie sollte so groß sein, dass Ihr Kind sich hineinsetzen kann. Diese Kiste wird dann mit unterschiedlichen Materialien wie Erbsen, Kastanien oder Eicheln gefüllt. Lassen Sie Ihr Kind die Kiste samt Inhalt erkunden. Motivieren Sie es, sich in die Kiste zu setzen – so kann das Kind mit dem ganzen Körper fühlen.
2. Taktile Empfindung spielt auch bei der Nahrungsaufnahme eine große Rolle. Was zu heiß ist, muss zum Beispiel ausgespuckt werden, bevor man sich die Zunge verbrennt. Die Konsistenz der Lebensmittel wird dabei vor allem im Mund wahrgenommen, aber auch durch Anfassen testen Kleinkinder, ob etwas essbar ist oder nicht.
3. Wasser ist eine tolle Möglichkeit, Kindern das Gefühl von Nässe und Temperaturunterschieden zu vermitteln. Der Druck des Wassers führt zu einer Stimulation der taktilen Wahrnehmung. Bei Babyschwimmkursen wird zugleich die Muskulatur gekräftigt.
4. Backe, backe Kuchen – lassen Sie Ihr Kind den Kuchenteig mitkneten oder den Teig und die Rolle mit feinem Mehl bestäuben.
5. Falten Sie gemeinsam Wäsche, am besten alles bunt gemischt – Seide, Wolle, Synthetik und Baumwolle. So kommen Kinder mit unterschiedlichen Stoffen in Berührung. Wenn Ihr Kind empfindlich auf einen Stoff reagiert, dann lassen Sie das Stück erstmal außen vor und bieten es beim nächsten Mal erneut an.